Die Geschichte der Buslinien in Deutschland, Sachsen und Chemnitz

Nach der Erfindung des Automobils verliefen die ersten Jahre für den Absatz eher schleppend an. Die Vehikel sagen immer noch wie Kutschen aus und die Automobilisten mussten schon große Enthusiasten sein, um die widrigen Umstände einer Autofahrt auf sich zu nehmen. Neue Ideen mussten her. Es war Carl Benz der den Omnibus erfand und somit für zahlreiche technisch unbedarfte Personen die Möglichkeit bot, mit der neuen Technik eine Fahrt zu unternehmen. Um alles Weitere kümmerte sich ein ausgebildeter Fahrer - soweit zur Idee.

Der Anfang in Deutschland

Der erste Benzinomnibus der Welt Quelle: Wikipedia
Der erste Benzinomnibus der Welt Quelle: Wikipedia

Es begann am Montag, den 18. März 1895, frühmorgens um 6 Uhr als der erste  Omnibus der Welt auf der 15 km langen Linie Siegen-Weidenau-Netphen-Deuz seinen Dienst antrat. Gebaut von der Firma Benz & Cie., bot das Gefährt 6 Mitfahren einen Sitzplatz, zwei weitere konnten sich notfalls noch mit reinquetschen. Außen saß noch der Fahrer mit zwei weiteren Fahrgästen. Der Benzinmotor hatte die Kraft von 5 Pferden und sollte wohl ausreichend sein, dachte man sich. Allerdings gab es auf der Strecke auch zwei Steigungen, da zeigte sich, dass die 5 PS nicht ausreichten. Hier mussten die Insassen auch schon mal schieben. Dennoch war diese Busline ein Erfolg. Bis zum 1. Juli hatten schon 10.600 Personen eine Fahrkarte gekauft. Von den Einnahmen von 3100 Mark wurde sogar ein zweiter Bus angeschafft. Leider kam dann unvermeidlich der Winter und im Dezember musste dieser erste Versuch eine Omnibuslinie zu etablieren, eingestellt werden. Den Grund erkannt man, wenn man die Räder betrachtet. Sie bestanden aus Eisen mit einer Hartgummiauflage, die schon im Sommer Probleme machte, weil sie ständig von der glatten Felge rutschte. Man musste die Gummibeschichtung weglassen, was im Winter gar nicht mehr ging. 

Es sollte noch zehn weitere Jahre mit zahlreichen mehr oder weniger erfolgreichen Versuchen der Firma Benz & Cie. dauern, bis eine stabile Busverbindung möglich wurde.

Pfingsten 1905 Eröffnung der ersten Buslinie in Baden-Baden
Pfingsten 1905 Eröffnung der ersten Buslinie in Baden-Baden

In Gaggenau, in der Nähe von Baden-Baden, wurden um 1905 nicht nur ein kleines Automobil, sondern auch verschiedene Nutzfahrzeuge für Handwerker, Post- und Brauereifahrzeuge, eine Feuerwehr und auch ein Omnibus gebaut. Nun war die Zeit reif für eine stabile Busverbindung. Der moderne Bus von der Süddeutschen Automobil-Fabrik GmbH (SAF) fuhr von Gernsbach nach Baden-Baden zum Kurhaus. Schaut man sich die Räder an, ausgerüstet mit Pneumatiks von 810 x 90 mm, könnte das auch im Winter funktionieren. Es gab damals auch schon Regeln für den Verkehr, so durfte man außerorts maximal 21,6 km/h und in der Kurstadt nur 12,5 km/h fahren. Die SAF in Gaggenau ging 1910 in die Benz & Cie. ein.

Die erste Buslinie in Sachsen

Erfolgreiche Tests in anderen Ländern, wie Bayern und Baden, veranlassten auch Bürgermeister und Unternehmer in sächsischen Städten und Gemeinden, sich um die Einrichtung von Omnibuslinien zu bemühen, damit sie nicht von der Verkehrsentwicklung abgekoppelt wurden.

Mittweida-Burgstädt-Limbach

1906 Omnibus der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG)
1906 Omnibus der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG)

Am 10. August 1906 erhielt auch das Königreich Sachsen eine erste öffentliche Buslinie, betrieben von der Automobil-Omnibus-Aktiengesellschaft Mittweida-Burgstädt-Limbach. Interessant ist, dass dieser frühe Omnibus von Daimler schon 40 Passagiere transportieren konnte. Für diesen Doppelstockbus wurde ein 18 PS starker Motor eingesetzt. Jährlich nutzten 240.000 Passagiere die erste sächsische Buslinie. Betrachtet man das Foto, fällt auf, dass nur Männer mutig genug waren, um mitzufahren. Die Familien mit Kindern standen nur auf dem Gehsteig und schauten zu. 

Fahrplan von 1912 aus: R. Fritzsches Kursbuch für Sachsen
Fahrplan von 1912 aus: R. Fritzsches Kursbuch für Sachsen

Weitere Buslinien in der Umgebung von Chemnitz

Es sollte 4 weitere Jahre dauern, bis auch Chemnitz in das neue sächsische Busnetz einbezogen wurde. Das Erzgebirge und damit auch Burkhardtsdorf musste noch einige länger Jahre warten, bis Omnibusse den steilen Harthauer Berg hinauf kamen.

Penig - Chemnitz

Büssing Bus mit Anhänger auf dem Marktplatz Penig 1913
Büssing Bus mit Anhänger auf dem Marktplatz Penig 1913

Am 13. August 1910 eröffnete die "Automobilomnibus-Gesellschaft Penig–Chemnitz AG" die erste Überlandbuslinie in Chemnitz. Die ersten Omnibusse kamen aus Gaggenau von der schon erwähnten Firma Süddeutsche Automobil-Fabrik GmbH (SAF). Eine Fahrkarte für die gesamte Strecke kostete 1,15 Mark, aber es gab auch Wochen- bzw. Monatskarten, die „regelmäßige Fahrten zu ermäßigten Preisen“. Der vollständige Fahrplan enthielt 12 Stationen auf der 19 km langen Strecke. Sie begann hinter dem Alten Theater in Chemnitz und führte über die Leipziger Straße nach Penig, wo sie auf dem Marktplatz endete. Zwischenstationen befanden sich am Leipziger Platz, an der Straßenbahnendstelle Borna bei Chemnitz (Grüner Hof), an der Gaststätte Bismarckschlösschen auf der Borna - Röhrsdorfer Höhe, in Röhrsdorf an der Wasserschänke, in Hartmannsdorf (drei Haltestellen), in Mühlau, an der Niederfrohnaer Straße, in Chursdorf, in Tauscha und in Penig an der Grünen Linde. Die Buslinie Chemnitz - Penig war so erfolgreich, dass schon ein Jahr nach Eröffnung die Zahl der Busse auf 6 erhöht. Zusätzlich wurden 4 Anhänger angeschafft, damit auch die vier weitere Stationen bedient werden konnten. Die neuen Busse waren 2-Achser mit 40 PS und wurden von der Firma Büssing AG aus Braunschweig geliefert. Büssing baute seit 1904 Omnibusse und sollte später mit seinen Dreiachsern speziell in den Bergen bekannt werden. 1912 wurden dann schon 190.000 Passagiere befördert.

Fahrplan von 1912 aus: R. Fritzsches Kursbuch für Sachsen
Fahrplan von 1912 aus: R. Fritzsches Kursbuch für Sachsen

Neukirchen - Chemnitz

Daimler Bus der Linie Chemnitz-Neukirchen um 1910
Daimler Bus der Linie Chemnitz-Neukirchen um 1910

Die Busline zwischen Chemnitz und Neukirchen entstand aus Verdruss der Neukirchener Einwohner darüber, dass der Ort keinen Anschluss an die Eisenbahnlinie Chemnitz - Stollberg bekam. Deshalb beantragte der Neukirchener Gemeinderat eine Kraftwagenlinie für die stark wachsende Bevölkerung von Neukirchen. Der Antrag wurde genehmigt und die „Automobilverkehrsunternehmen Neukirchen – Chemnitz“ erwarb einen Omnibus von der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG). Am 1. September 1910 ging die 6 km lange Buslinie an den Start. Die Linie war so erfolgreich, dass in den ersten 4 Monaten schon 98.854 Personen eine Fahrkarte erwarben. Es wurde der Kauf eines zweiten Omnibusses notwendig. 1911 wurde sogar zeitweise bis Lugau gefahren. 1912 wurden Schülerkarten für 15 Pf. pro Fahrt und Arbeiter konnten für 20 Pf. fahren.

Fahrplan von 1915 aus: R. Fritzsches Kursbuch für Sachsen
Fahrplan von 1915 aus: R. Fritzsches Kursbuch für Sachsen
Der Ausgangspunkt der Linie in Neukirchen
Der Ausgangspunkt der Linie in Neukirchen

Die Buslinie gehörte der Gemeinde Neukirchen und somit startete morgens der erste Bus am ehemaligen Gasthaus "Goldener Stern" in der Chemnitzer Straße 1. Das Gasthaus wurde im Winter 1974/75 abgerissen. Die vier Bedarfshaltestellen waren vor beliebten Lokalen der damaligen Zeit. Das "Eichhörnchen" stand an der Ecke Stollberger Str. - Markersdorfer Straße. "Heiterer Blick" war die deutsche Bezeichnung für das Wirtshaus "Bellevue" in der Stollberger Str. 48, die Obstweinschänke stand am Stadtrand in der Stollberger Str. 130 und Restaurant und Ballhaus "Zum Wind" in der  Stollberger Str. 69. Die Lokale gibt es heute alle nicht mehr.

Stollberger Straße 1915
Stollberger Straße 1915

Die Endstelle befand sich in Chemnitz schräg gegenüber der Nikolaikirche am Gasthof und Hotel "Goldener Löwe" in der Stollberger Straße 4. Auf der linken Seite, das Haus hinter den Bäumen, dürfte das Gasthaus gewesen sein.  Auch dieses Gebäude und die Nikolaikirche existieren heute nicht mehr. 

Chemnitz - Oberlungwitz

Ansichtskarte datiert 5. April 1911
Ansichtskarte datiert 5. April 1911

Eine weitere Linie von Oberlungwitz, Gasthof "Zum Hirsch", über das Hotel "Zum Kronprinz" im Ortsteil Nutzung, Hofer Str. 230 - Mittelbach "Eckerts Gasthaus" - Reichenbach, nach Chemnitz Nikolaibahnhof (heute Chemnitz Mitte) wurde vermutlich 1911 in Betrieb genommen.

Fahrplan von 1913
Fahrplan von 1913

Nachdem Ende des Jahres 1910 Chemnitz über mehrere erfolgreiche Buslinien verfügte, war die Zeit nun reif für die erste Kraftwagenlinie in das obere Erzgebirge, die auch durch Burkhardtsdorf führen sollte.