Der Walpurgisabend

Walpurgis heute
Walpurgis heute

Jener, und wie man hoffen darf, ziemlich verschwundene Glaube an Hexen und ihre Macht hat auch im oberen Erzgebirge einen Gebrauch hinterlassen, welchen man fast an allen Orten desselben antrifft. Am Abende vor dem ersten Mai nämlich, also am Walpurgisabend hört man in den Gegenden umher ein immerwärendes Schießen, bisweilen auch aus Mörsern, wodurch man sonst die in der Luft reitenden Hexen erschießen wollte. Jetzt sollte nun vielmehr dieses Schießen als ein Zeichen des besiegten Aberglaubens angesehen werden, also ein Victoriaschießen nach dem Kampfe mit Irrwahn und Vorurteil.

Auf den Bergen versammeln sich die Jungen, welche alte Besen anbrennen, sie dann oft herum schwingen und endlich hoch in die Luft schleudern, welches bei dem Dunkel der Nacht ein hübsches Schauspiel abgibt. Dabei wird übrigens gejubelt und geschrien, wie es die rohe Jugend immer zu tun pflegt.

Man belächle diesen alten Gebrauch der Erzgebirger nicht; nicht aus Aberglauben üben sie denselben, ich versichere vielmehr, daß dort die Bergleute in vielen Dingen weit aufgeklärter und belehrter sind, als der niederländische Bauer (Flachländer). So z.B. ist der Glaube an den Berggeist oder Kobel (friedliches Bergmännel) ziemlich verschwunden.

Der Johannisabend

Sprung über das Johannisfeuer
Sprung über das Johannisfeuer

Es ist auch an mehreren Orten des oberen Erzgebirges, vorzüglich an der böhmischen Grenze, Gebrauch, am Abende vor dem Johannisfeste (24. Juni - Geburtstag von Johannes dem Täufer) große Feuer an zu machen. Man sorgt aber nicht nur für die Größe des Feuers, sondern vielmehr, daß ein dicker, großer Dampf entstehe; deswegen nimmt man grünes Reisig und schürt diese Johannisfeuer in Tälern an den Bächen an, damit man durch eingeweichtes Fichtenreisig einen recht dicken Dampf machen könne. Dieser Gebrauch ist auch bei den Grenzböhmen häufig, aber ich konnte nirgens eine bestimmte Ursache erfahren. Geschieht es dem Johannes zu Ehren oder liegt irgend ein Aberglaube zum Grunde? Ich weiß es nicht.

Am Johannistage selbst tanzen die Kinder um eine mit Bändern, Kränzen und vergoldeten Eierschalen geschmückte Tanne. Doch dieser Gebrauch herrscht fast überall in Sachsen. 

Die Aschermittwoche

Sollte am Aschermittwoch zuhause bleiben
Sollte am Aschermittwoch zuhause bleiben

An diesem Tage ist es in den meisten Orten gebräuchlich, daß das männliche und weibliche Geschlecht, freilich gewöhnlich die erwachsene Jugend, mit Häckerling (gehäckseltes Stroh) oder Heugesäme (Spreu - Abfall beim Dreschen) gegen einander zu Felde zieht und sich damit einäschert (als Zeichen der Buße zum Beginn der Fastenzeit). Diese Motion (Bewegung?) ist freilich oft etwas derb und die Empfindungen dieses Äscherns sind ziemlich unangenehm, denn man fühlt ein immer währendes Jucken und Brennen, welches der auf die Haut und in die Haare geriebene Häckerling verursacht. Aber die gebirgischen jungen Leute sind nicht so überzart und überzuckert, sie lieben diese Motion sehr und verfahren dabei gegenseitig schonungslos und ohne Mitleid, daß sie dann Stunden lang mit dem Auskämmen und Reinigen der Haare zubringen müssen. Niemand nimmt den Anderen etwas übel, ein Gemeingeist, ein Frohsinn spornt Alle zur lebhaftesten Tätigkeit.

Doch gibt es auch verschiedene Abwechslungen; Liebende oder junge Eheleute z.B. äschern sich oft mit Rosinen und Mandeln an diesem Tage ein. Freilich ist dieses nicht so unangenehm und beschwerlich, und mancher süße Herr wird dieses auch finden. Ich wollte es euch nicht raten, ihr zarten, duftenden Herrchen, deren Abgott das hochgekräuselte, schilfähnliche Haar ist, - ich wollte es euch nicht raten, bei einem Einäschern mit Häckerling und Heugesäme zugegen zu sein! Verzweiflung würde euch töten, wenn ihr im oft und gern betrachteten Spiegel euer zerstörtes Haargetürm mit so groben Puder durchstreut sähet, wenn ihr alle eure Hoffnungen und Mühe so vernichtet erblicktet; denn die erzgebirgischen Mädchen kümmern sich wenig um eure Hahnenkämme, dadurch berückt ihr sie noch nicht!