Das Kunzgut

In der ältesten urkundlichen Erwähnung der Kemtauer Bauerngüter, der Türkensteuerliste von 1501 (1), wird der Besitzer Peter Conradt genannt. 28 Jahre später, in der Landsteuerliste von 1529 (2) heißt der Besitzer Enderle Cuntz. Mit den Namen nahm man es damals nicht so genau, meist waren es die Rufnamen. Der Vorname Enderle war eine andere Form von Andreas und der Nachname Cuntz war eine mittelalterliche Kurzform des Familiennamens Conradt (der kühne Ratgeber). In dieser Liste wir auch sein Sohn aufgeführt, der mit seinem Weibe im Gutshaus wohnt. Auch eine Magd gehört zum Gesinde und Enderle hatte sicher auch eine Ehefrau, obwohl sie nicht erwähnt wird. In einer weiteren Türkensteuerliste von 1561 (3) wird Nickel Kuntz als Gutsbesitzer genannt. Der Vorname Nickel ist die Kurzform von Nikolaus. Auch Claus ist eine solche Kurzform

Das 17. und 18. Jahrhundert

Das Kunzgut war jedoch nicht durchgehend im Familienbesitz. In der zweiten Hälfte des 17. Jh. hießen die Besitzer Ehrt mit Familiennamen. Am 6. Juni 1690 kaufte Hannß Ehrt von den Erben seines verstorbenen Vaters Georg das Gut samt Wüsten Gut, welches an Michael Uhlichs Gut grenzte (4). Im 18. Jahrhundert ging das Gut wieder an die Kunzens über und gaben dem Kunzgut seinen Namen. Es war im Jahre 1729 (4) als der Schwiegersohn Christian Kunze das Gut von Hannß Ehrt, der keine männlichen Erben hatte, für 300 Gulden kaufte. Er sollte 5 Jahre brauchen um die Kaufsumme in Raten abzuzahlen. 1751 (4) vererbte er es an seinen Sohn Traugott, der ebenfalls 300 Gulden dafür zahlte. Die wesentliche Neuerung im 18. Jahrhundert war die Einführung des Brandkatasters mit Angaben für die Brandversicherung. In diesem Zusammenhang wurden die 9 Bauerngüter im Kemtauer Oberdorf durchnummeriert, beginnend mit der Nr. 1 für das Wieland'sche Lehngut ging es im Uhrzeigersinn weiter bis zur Nr. 9 dem Kunzgut.

Das 19. Jahrhundert

Das Kunzgut in seinen Flurgrenzen von 1808
Das Kunzgut in seinen Flurgrenzen von 1808

Die nun folgenden Ereignisse fanden in der ersten Hälfte des 19. Jh. statt und beschreiben das Ende des Halbhufenguthes Nr. 9. Am 6. Mai 1808 kaufte der Lehnrichter Johann Adolph Wieland das Nachbargut seines Lehngutes vom damaligen Besitzer Christian Kunze. Im Gerichtshandelsbuch (6) von Kemtau finden sich dazu zwei Verträge. Der erste wurde ortsintern vom Käufer und Lehnrichter verfasst und von den Gerichtsschöppen Johann August Beckert und Johann August Beckert bestätigt. Der zweite Vertrag war die offizielle Fassung des zuständigen "Hochadlichen Einsiedelschen Gerichte zu Weißbach mit Dittersdorf". Die beiden Verträge sollen im Folgenden ausschnittsweise veröffentlicht werden. 

 

Der Verkauf des Gutes an den Erblehnrichter Wieland (Kaufvertrag)

1. Seite des Kaufvertrages von 1808
1. Seite des Kaufvertrages von 1808

Hr. Lehnr: Johann Adolph Wielands

Halbhufenguths-Kauf

Im Namen des dreieinigen Gottes

Kund und zu wissen sey hiemit, denen zu wißen nöthig daß heute untangesetzten Dato vor uns endes unterschriebenen Gerichts Personen erschienen sind:

Christian Kunz, Bauer und Einwohner allhier, Verkäufer an einem und dann der Erb. Lehn-Richter

Johann Adolph Wieland Käufer andern Theils, mit dem An- und Vorbringen, wie sie mit einander einen

unwiderruflichen Kauf-Contract abgehandelt und geschloßen hätten. Nämlich es verkauft erstgenannter Christian Kunze sein allhier in Besitz habendes Halbhufenguth, wie selbiges in Rainen und Steinen zwischen den Erb- und Lehn Gerichte und Gotthilf Loosens, ingleichen zwischen Karl Friedrich Uhligs Güthern allenthalben innenliegend sich befindet, mit allen dessen Ein- und Zubehörungen auch allen dem, was darinnen und dabey Erd- Niet- Wied- Wande- Lande- Mauer- und Nagelfeste ist, wie auch mit allen darauf haftenden Rechten und Gerechtigkeiten Nutz und Beschwerungen, an Steuern, alten und neuen Frohngeldern, und übrigen andern Abgaben, wie solche nur Namen haben mögen, überall im geringsten nichts davon ausgeschloßen, an schon gedachten Erb- und Lehn Richter Johann Adolph Wieland erb- und eigenthümlich, nun und für 

Ein Tausend Achthundert und zwanzig Thaler - -

ganzer und vollständiger Haupt- und Kauf-Summa sogleich bey Verschreiburg baar zu bezahlen.

Im weiteren Vertragstext wir dem Verkäufer noch ein Wohnrecht in seinem ehemaligen Hause bis Walpurgis 1809 eingeräumt. Auch seine Ernte kann Christian Kunze noch einbringen. "... ferner die bey dem Hause befindlichen 2. Grätzgärtchen, das sämtliche in diesem Jahre zu erbauende Obst und ein Stückchen Garten bey dem Hause, welches mit Pfählen abgesteckt ist, desgleichen ein Viertel guten Lein Acker und den in vorigen Jahre gesäeten Flur auch ein Jahr noch von."

Weitere Abmachungen sind: "Endlich verspricht auch Käufer, so wohl die Verschreibungs als auch Confirmations-Gebühren allein zu tragen. Zum Inventario erhält Käufer die vorhandenen zwey Jährlinge, wovon aber auch Käufer aus seiner Wirthschaft dem Verkäufer ein junges Schwein wieder zu geben verspricht, welche Stücken sie gegen einander auch heute schon abgeliefert haben."

Amtliche Beurkundung des Vertrages

1. Seite des gerichtlichen Vertrages
1. Seite des gerichtlichen Vertrages

Wir die Hochadlich Einsiedelschen Gerichte zu Weißbach mit Dittersdorf urkunden und fügen hiermit zu wissen, das untergesetzten Tages Christian Kunze, zeitheriger Begütherter in Kemtau Verkäufer eines und

Herr Erb- und Lehnrichter Johann Adolph

Wieland allda,

Käufer andern Theils,

vor Uns an ordentlicher Gerichtsstelle in Person erschienen sind und vorbefindlichen über das ersteren bisher eigenthümlich zugehörig gewesenen Halbhufenguth abgeschloßenen Kauf-Contract produciret haben, mit der Bitte, solchen anzunehmen und Gerichts- und Obrigkeitswegen zu bestätigen. Nachdem sich nun beiderseits Contrahenten auf Vorlesen zu dem Inhalte desselben nochmals bekannt und solchen in allen seinen Puncten und Klauseln, mittelst Abstattung des Handschlags genehmiget, Verkäufer, sodann über den richtigen Empfang der Kaufsumme an 1820. Thalern mit der ausdrücklichen Erklärung, daß solche von Herrn Käufer bereits bey Abfaßung des Kauf-Contracts bezahlt worden sey, und unter

Ergebung der Ausflucht des nicht baar oder weniger empfangenen Geldes Rechtsgültigerweise quittiret, und darauf sowie auf das verkaufte Grundstück landüblichen Verzicht geleistet.

Es folgen nun die üblichen gerichtlichen Klauseln und  die Unterzeichnung des Vertrages:

"Dittersdorf, am 30. August 1808.

Hochadlich Einsiedelsche Gerichte zu Weißbach mit Dittersdorf

D. Johann Christian Friedrich Wenzel Gerichts Diener"

Damit endet die Existenz des Halbhufengutes Nr. 9, genannt das Kunzgut. Von nun an ist das Grundstück nur noch ein Beigut des Lehngutes von Johann Adolph Wieland.

Die letzten Besitzer

Vertrag Verkäufer Käufer Preis Bemerkungen
 9.6.1690 S. 73 Georg Ehrt Hannß Ehrt 180 fl. mit wüstem Gut
26.3.1729 S. 211 Hannß Ehrt Christian Kunze 300 fl. Schwiegersohn
22.1.1751 S. 262 Christian Kunze Traugott Kunze 300 fl. ältester Sohn
29.9.1773 S. 34 Gottfried Kunze sen. Gottfried Kunze jun. 480 fl. einziger Sohn
6.6.1808 S. 14 Christian Kunz Johann Adolph Wieland 1820 Th. Ende des Kunzgutes

Quellen

(1) HStA Dresden, Loc.10505/10 Band 3 S. 91 Türkensteuer 1501

(2) Landsteuerregister Nr. 298 1529

(3) Steuerliste von 1561 für Kemtau aus: HStA Dresden Landsteuerregister Nr. 444

(4) Gerichtshandelsbuch von Kemtau, 1674-1758, Signatur GB AG Chemnitz Nr. 368

(5) Gerichtshandelsbuch von Kemtau, 1759-1810, Signatur GB AG Chemnitz Nr. 369

(6) Gerichtshandelsbuch von Kemtau, 1808-1824, Signatur GB AG Chemnitz Nr. 185