Die Eisenstraße

Die Eisenstraße Richtung Kemtauer Felsen
Die Eisenstraße Richtung Kemtauer Felsen

Die Eisenstraße und auch der Eisenweg waren mittelalterliche Fuhrmannswege. Die Namen deuten darauf hin, dass früher auf diesen Wegen Roheisen aus den Bergbau Regionen zu den Hammerwerken und fertige Eisenwaren zu den Fernhandelswegen transportiert wurden. Solche Wege wie die Eisenstraße wurden in vergangenen Zeiten auf Höhenrücken angelegt, mieden Städte und Dörfer und vor allem die sumpfigen und vom Hochwasser bedrohten Flusstäler.

Die Eisenstraßevon Gelenau nach Waldkirchen
Die Eisenstraßevon Gelenau nach Waldkirchen

Der auf der Karte dargestellte Verlauf der Eisenstraße ergibt sich aus den heute noch vorhandenen Straßen- und Wegenamen der Eisenstraße. Der ursprüngliche Verlauf ging jedoch weiter, worüber es verschiedene Auslegungen gibt. Eine der heute üblichen Darstellungen besagt, dass die Eisenstraße von den Eisenhütten bei Geyer kommend, über Gornau, Zschopau, Waldkirchen zu einem Hammerwerk in Erdmannsdorf führte. Eine ältere Quelle (1) von 1894 beschreibt die Eisenstraße wie folgt:

"Eine alte "Eisenstraße" ist von Gornau an der obergebirgischen Straße auf dem Höhenzuge zwischen Zwönitz und Wilisch in südwestlicher Richtung bis Auerbach zu verfolgen; eine Fortsetzung derselben ist aber nicht zu erkennen, wie auch überhaupt zahlreiche als Fürstenweg, Kalkstraße, Eisenweg bezeichnete Wegstrecken nicht als Teile größerer Straßenzüge zu erkennen oder in Verbindung zu bringen sind."

Eine dritte Darstellung findet sich auf der Internetseite vom "Gasthof zur Linde" in Amtsberg (Ortsteil Weißbach:

"Vorbei führt die alte Eisenstraße, auf der Eisenerze mit Pferdefuhrwerken aus Schneeberg nach Waldkirchen zur Kobaltverarbeitung transportiert wurden."

Wozu man bei der Kobaltverarbeitung Eisenerz brauchte ist nicht ganz einleuchtend, da Kobalt ein eigenes Element ist, dass zum Blaufärben von Glas und Keramik genutzt wurde. Auch Schneeberg als Ausgangsort des Eisentransportes passt besser zum Eisenweg, der im Folgendem beschrieben wird.

Der Eisenweg

Auf der anderen Seite des Zwönitztales verläuft auf dem Bergrücken zwischen Würschnitz und Zwönitz ein weiterer alter Fuhrmannsweg, der Eisenweg. Die Gemeinde Burkhardtsdorf liegt zwischen beiden Wegen und zwar genau dort, wo sich beide Wege fast berühren. Auch dieser Weg soll nach heimatgeschichlicher Darstellung zum Transport von Eisenerz aus dem Raum Schneeberg gedient haben. Der historische Verlauf findet sich heute noch in zahlreichen Straßen- und Wegenamen und führt vom Katzenstein bei Affaltar über Brünlos zur Tabakstanne bei Thalheim bis Klaffenbach. Von dort ging es weiter über die Würschnitz nach Chemnitz in den Stadtpark. So ist zumindest die ausgeschilderte Strecke, des bei Wanderern und Radfahrern beliebten Eisenweges.

Der Eisenweg
Der Eisenweg

Geht man auf die schon zitierte Quelle (1) von 1894 zurück, sieht der Verlauf anders aus.

"Von der Straße (von Bad Schlema) über die Eisenbrücke (über die Mulde) zweigt aber auch oberhalb Alberoda (nördlich von Aue) der "Eisenweg", eine ebenfalls sehr frühzeitige angelegte Verbindung nach Nordost (...) ab. Dieselbe trennt sich am Graustein, geht nördlich am Katzenstein vorüber, nach der Schenke von Brünnloß, kreuzt an der Tabakstanne die vorher genannte Straße (die heutige B180), und führt auf dem Höhenzuge, oberhalb Claffenbach, bis in das Zwönitzthal bei Einsiedel. Von hier steigt sie als Fürstenweg zur Höhe, kreuzt die Straße nach dem Obererzgebirge (B174 Chemnitz - Zschopau - Marienberg) und führt als "Heege-" oder "Spurweg" nach Euba und zur großen Straße (B173 Chemnitz - Freiberg)"

Das würde bedeuten, dass der Weg durch Klaffenbach nach Chemnitz nur ein Abzweig vom Eisenweg war, der weiter durch Eibenberg nach Einsiedel verlief um dann in ein größeres Straßennetz zu münden. Welchen Ursprung der Eisenweg hat, ist nicht zu erkennen.

aus Deutsche Fotothek Quelle (2)
aus Deutsche Fotothek Quelle (2)

Diese abgebildete Karte wird beschrieben als: Skizze der ältesten Wege in Sachsen in der Zeit um 800-1200 n. Chr. : auf Grund des Oberreit'schen Atlas des Königreichs Sachsen / entworfen von H. Wiechel und entstand 1901. Die Zeitangabe ist zwar zweifelhaft, da die Besiedelung des Erzgebirges erst später stattfand, aber man sieht den Verlauf der alten Handelsstraßen. Auffällig ist, dass die Eisenstraße damals auch als Eisenweg bezeichnet wurde.

Die Fragen nach dem Ausgangspunkt des Eisenweges und welche Art Eisen darauf transportiert wurde, ist unklar. Ebenso die Zeit in der diese Wege enstanden. Darüber kann vielleicht die Entwicklung des Eisenbergbaues im Erzgebirge Auskunft geben.

Wo und wann wurde Eisen im Erzgebirge abgebaut?

Ausschnitt vom Bergaltar der St. Annenkirche in Annaberg
Ausschnitt vom Bergaltar der St. Annenkirche in Annaberg

Eisen wurde vermutlich schon sehr früh zur Zeit  der Erzgebirgsbesiedelung im kleinen Maßstab gewonnen, denn ohne den Rohstoff für die Dorf- und Wanderschmieden konnte man weder den Wald roden oder den Boden pflügen. Zur Verhüttung des Eisenerzes benötigte man jedoch genügend Holz und Wasserkraft und es war natürlich enfacher das Eisenerz an geeignete Orte zur Verhüttung zu transportieren als umgekehrt. Dazu könnten die zahlreichen Eisenstraßen gedient haben. Ob die beiden hier betrachteten Eisenstraßen schon zur Erzgebirgsbesiedelung entstanden ist unwahrscheinlich.

Der Bergbau im Erzgebirge verlief in zwei Phasen. Das erste Berggeschrey begann mit Silberfunden 1168 beim heutigen Freiberg. Um 1240 taucht dann zum ersten Mal Zinn im mittleren Erzgebirge auf. Eisenerz hatte damals nur geringe Bedeutung. Betrachtet man die Einstehung der großen Bergbaustädte Schneeberg (1477), Annaberg (1496) und Marienberg (1520), dann gehören diese zur 2. Phase, dem großen Berggeschrey im 15. Jahrhundert. Erst in dieser Zeit wurde Eisenerz im großen Stil abgebaut und somit fällt die Zeit der Eisenwege/-straßen wohl in das Ende des Mittelalters.

Als Ausgangsstadt des Eisenweges war bekanntlich Schneeberg genannt worden und die Eisenstraße soll in Geyer beginnen. In beiden Städten wurde jedoch kein Eisen abgebaut. In Schneeberg wurde Silber, Kobalt und Nickel gefördert und in Geyer Zinn. Wo wurde damals Eisenerz abgebaut?

Ort Bergwerk/Stollen
Erla, Crandorf bei Schwarzenberg
Roter Berg
Jöhstadt Andreas-Gegentrum-Stolln
Waschleite Herkules-Frisch-Glück
Eibenstock
div. Stollen

 

Eisenerz wurde also weit entfernt von den beiden hier betrachteten Eisenwegen bei Burkhardsdorf abgebaut. Diese Handelswege haben ihren Namen wohl kaum vom Transport von Eisenerz, eher von den Produkten aus Eisen, die in den zahlreichen Hammerwerken des Erzgebirges hergestellt wurden. Natürlich wurde auf den Wegen auch alles Andere an benötigten Waren befördert.

Die Eisenhammer und Hammerwerke

Hammerwerk von einer Ansichtskarte
Hammerwerk von einer Ansichtskarte

In der ersten Phase des Bergbaus im Erzgebirge wurde das Eisenerz mit Hilfe von Feuern, die vom natürlichen Wind angefacht wurden, geschmolzen und von der Schlacke befreit. Die Verarbeitung erfolgte möglichst Nahe an den Fundstätten auf den Berghöhen um viel Wind zu haben.

Später wurden dann wassergetriebene Blasebälge benutzt und die Hammerwerke wurden in Flußtälern betrieben. Es gab davon zahlreiche Standorte, der bekannteste ist heute wohl der Frohnauer Hammer bei Annaberg/Buchholz.

Während der Abbau von Eisenerz im Erzgebirge zum Ende des 16. Jahrhunderts zurückging und nach dem 30-Jährigem Krieg (1618-1648) ganz eingestellt wurde, arbeiteten die Hammerwerke teilweise noch bis ins 19. Jahrhundert weiter. 

Diese Karte aus Quelle (3) zeigt die Verteilung der Hammerwerke, Eisenhämmer und Eisenhütten im Erzgebirge. Drei Standorte befanden sich auch im Zwönitztal. Auch der Raum Schneeberg - Aue ist gut vertreten. Der Hauptraum der Eisenverarbeitung war aber in der Umgebung von Schwarzenberg. Eine detailierte Aufstellung zeigt die folgende Tabelle aus der gleichen Quelle.

Nr. Ort Eisenhammer Zeiraum
1
Zwota Zwotenhammer 1580-1848
2 Tannenbergsthal   1675-1855
3 Morgenröthe   1596-1877
4 Carlsfeld   1676-1823
5 Wildenthal   1598-1836
6 Steinbach   1626-1680
7 Morgenröthe ob. Muldenhammer 1612
8 Rautenkranz   1680-1821
9 Schönheide Schönheider Hammer 1563-1872
10 Stützengrün   1500-1775
11 Eibenstock unt. Muldenhammer 1500-1800
12 Wolfsgrün Neidhardtsthaler Hammer 1608-1875
13 Blauenthal Oberblauenthal 1537-1816
14 Blauenthal Unterblauenthal 1536
15 Johanngeorgenstadt Willigsthaler Hammer 1640-1870
16 Breitenbrunn Breitenhof 1570-1850
17 Wildenau   16.Jh.-1871
18 Rittersgrün Schmerzing- oder Rothhammer 1440-1850
19 Rittersgrün Escherhammer 1560-1661
20 Rittersgrün Arnoldshammer 1550-1868
21 Kleinpöhla Pfeilhammer 1505-1872
22 Großpöhla Siegelhammer 1550-1856
23 Obermittweida Nietzschhammer 1409-1854
24 Markersbach unt. Schuhmannscher Hamer vor 1500
25 Markersbach Weigelscher Hammer vor 1500
26 Markersbach Siegelscher Hammer um 1507
27 Markersbach Hegerscher Hammer vor 1500
28 Markersbach Kleinhempelscher Hammer vor 1500
29 Raschau Pöckelhammer vor 1500
30 Elterlein   1406-18.Jh.
31 Schwarzbach Tännicht 1500-1700
32 Schwarzbach Förstel um 1520
33 Waschleithe   14. Jh.
34 Waschleithe St. Oswald 16. Jh.
35 Waschleithe St. Niklas um 1530
36 Erla Erlahammer 1380-1879
37 Schwarzenberg Rosethal um 1625
38 Schwarzenberg Kugelhammer 1536-1750
39 Schwarzenberg Güntherhammer 18. Jh.
40 Schwarzenberg Obersachsenfeld 17. Jh.
41 Aue Niederpfannenstiel 1635
42 Aue Auerhammer 1500-1929
43 Aue Zeller Hammer 1687-1846
44 Dittersdorf bei Lößnitz   um 1750
45 Lößnitz   um 1585
46 Oberschlehma    
47 Niederschlehma   16. - 18. Jh.
48 Hartenstein   15. Jh.
49 Hartmannsdorf   17. - 18. Jh.
50 Kirchberg   18. Jh.
51 Zwickau   16. - 18. Jh.
52 Zwönitz   um 1670
53 Dorfchemnitz

1567
54 Thalheim   1687-1850
55 Annaberg-Buchholz Frohnauer Hammer
1621-1904
56 Schlössl   1618-1850
57 Schmalzgrube   1550-1860
58 Mittelschmiedeberg   1674-19. Jh.
59 Künheide   1550-1800
60 Rothenthal   1626-1750
61 Dorfchemnitz   1567-1933
62 Freiberg Freibergsdorfer Hammer 1700-1974

 

Die Übersicht ist zwar umfangreich, aber ganz sicher nicht vollständig. Zum Beispiel fehlt das Hammerwerk in Dittersdorf dem Nachbarort von Kemtau. Dort erhielt 1694 Curt Heinrich von Einsiedel das Privileg zur Errichtung eines Eisenhammers, der an der Stelle der späteren Filzfabrik stand und bis ins 19. Jahrhundert betrieben wurde.

Höchstwahrscheinlich entstanden Eisenweg und Eisenstraße also zur Zeit des Großen Berggeschrey's und dienten zum Transport der Eisenwaren aus dem Erzgebirge nach Chemnitz und darüber hinaus zu den größeren Handelsstraßen. Einen konkreten Ausgangspunkt gab es wohl nicht, da sich die Eisenproduktion über große Gebiete des Erzgebirges erstreckte.

Übersichtskarte der beiden Fuhrmannswege

Die beiden blau markierten Wege sind der Eisenweg (links) und die Eisenstraße (rechts), wie sie noch heute als Straßennamen gebräuchlich sind. Die schwarzen Linien zeigen vermutete Herkünfte bzw. mögliche Weiterverläufe. die beiden roten Markierungen kennzeichnen die ehemaligen Eisenhammer in Dittersdorf und Thalheim.


Quellen

(1) Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart, Moritz von Süßmilch, Annaberg 1894

(2) Straßenkarte von Sachsen in der Zeit um 800-1200 n. Chr., 1:250 000, Lithographie, 1901

(3) Technische Denkmale in der Deutschen Demokratischen Republik, Springer Verlag 1983