Letzte Etappe von Annaberg nach Karlsbad

Begleiten wir nun unseren zukünftigen Karlsbader Kurgast Carl Friedrich August Wagner, Kunstgärtner aus dem Leipziger Stadtteil Milchhof, auf dem Weg von Annaberg nach Böhmen in die berühmte Bäderstadt Karlsbad. Auf dem Weg dorthin stehen ihm zwei Eilpostrouten zur Verfügung. Eine davon führt über Oberwiesenthal und startet in Annaberg immer Dienstag und Sonnabend. Da sich unser Reisender am Freitag den 9. August 1850 in die Karlsbader Kurliste (1) eingetragen hat, kann er nicht mit dieser Kutsche gefahren sein. Freitags fuhr gar keine Postkutsche ab. Also blieb nur die Route über das böhmische Weipert am Donnerstag.

Fahrplan über Weipert Quelle (2)
Fahrplan über Weipert Quelle (2)

Am frühen Morgen des 9. August 1850

Als Herr Wagner früh um 4 Uhr in der Buchholzer Gasse im Hof der Poststation ankam, erwartete ihn nur der Kutscher. Die Postexpedition öffnete im Sommer erst um 7 Uhr. Er musste also sein Gepäck selbst verstauen und sich mit den anderen Fahrgästen einen Sitzplatz suchen. Eine halbe Stunde später fuhr die einsame Postkutsche die Gasse entlang zum ehemaligen Buchholzer Thor hinaus. Dahinter erstreckte sich eine breite Allee bis hin zur neuen Brücke über das Kleinrückerswalder Tal. Diese Brücke wurde nach zweijähriger Bauzeit 1831 fertiggestellt. Sie hatte 7 Bogen und war 89 Schritte lang und 10 Schritte breit. Damit mussten die Kutscher nicht mehr hinunter auf den Talboden und mühsam wieder hinauf.

Blick zurück auf Annaberg und Buchholz um 1850
Blick zurück auf Annaberg und Buchholz um 1850

Die hier abgebildete Brücke hat zwar nur 5 Bogen, aber das fällt wohl unter künstlerische Freiheit. Weiter ging es auf der heutigen Bärensteiner Straße. Nun wurde es Zeit für die Passagiere daran zu denken, dass sie bald das Königreich Sachsen verlassen werden. Was für ein Land war das auf der anderen Seite? Das Königreich Böhmen gab es seit 1804 nicht mehr, nun gehörte Böhmen zum "Kaiserthum Oesterreich". Eine Sprachbarriere gab es also nicht, Geldwechsel war wohl auch kein echtes Problem, aber eine richtige Grenze war es schon. Es gab 1850 sogar eine politisch militärische Krise zwischen Österreich und Deutschland, wobei Sachsen wohl weniger beteiligt war. Worum sich die Reisenden auf jeden Fall kümmern mussten war die Frage, ob sie Waren zu verzollen hatten.

Ansichtskarte vom Gasthof "Morgensonne", links das Dach des Zollhauses
Ansichtskarte vom Gasthof "Morgensonne", links das Dach des Zollhauses

Eine Gelegenheit dazu gab es vielleicht an einer wichtigen Straßenkreuzung bei Cunersdorf auf dem Weg nach Bärenstein. Hier kreuzte sich die Karlsbader Poststraße mit der mittelalterlichen Salzstraße. Sie führte von Halle über Zwickau bis nach Kaaden in Böhmen. An dieser Kreuzung gab es schon seit dem Jahre 1500 einen Gasthof "Morgensonne", den es noch heute gibt. Eine Poststation gab es 1850 nicht mehr, aber auf der gegenüberliegenden Straßenseite befand sich eine Zollstelle. Ob man hier auch den Zoll auf Tabak und Zigarren entrichtete oder ob die Station nur zur Einnahme des Straßenzolls diente, ist mir nicht bekannt.

Über die Grenze

Die Poststraße aus Annaberg führte weiter nach Bärenstein. Hier trennten sich die beiden Routen. Unsere Postkutsche fuhr die damalige Joachimsthaler Straße ins Tal des Pöhlbaches, der die Grenze bildete. Hier gab es ein k. k. Grenzzollamt und über die Pöhlbachbrücke ging es in die königliche Bergstadt Weipert. Die Poststation befand sich etwa 100 m neben der Hauptstraße. Hier traf unsere Postkutsche früh um 5 Uhr 40 planmäßig ein. Weiter ging es durch den ältesten Stadtteil Ober-Weipert mit der Pfarrkirche zu Allerheiligen, dem Rathaus, einem Brauhaus und den Einkehrhäusern "Zur goldenen Taube", "Zum Rothen Hirsch" und dem Hofwirtshaus. 

Über den Erzgebirgskamm

Die alte Route um 1850 Quelle Wikipedia
Die alte Route um 1850 Quelle Wikipedia

Der weitere Streckenverlauf  unserer Postkutsche wird von den Zeitgenossen immer wieder in höchsten Tönen gelobt und als die "herrliche Böhmische Chaussee" von Weipert nach Karlsbad bezeichnet. Sie wurde in den 1830er Jahren zur Chaussee ausgebaut. Die alternative Route auf sächsischer Seite gab es schon zum Beginn der Postrouten, aber hatte keinen guten Ruf. 

"Die durch Wiesenthal und dann über den Gottesgaber Paß nach Joachimsthal führende Carlsbader Strasse wird wenig mehr benutzt, seitdem in Böhmen eine treffliche Chaussee von Weipert hinter Böhmisch-Wiesenthal hinweg, über Stolzenhain und an des Keilberges Abhange hin, nach Gottesgabe gebaut worden ist" (3).

Die Abbildung zeigt in der Mitte links Böhmisch-Wiesenthal, rechts davon Unter-Wiesenthal und darüber Ober Wiesenthal. Die gut sichtbare Poststraße verlief zwischen dem Fichtelberg und dem böhmischen Keilberg über den Wiesenthaler-Pass, der mit 1083 m ü. NN der höchste Pass des Erzgebirgskammes war. Gleich hinter der Grenze müdete die neue Chaussee aus Weipert ein und beide Routen trafen sich in der Bergstadt Gottesgab auf 1028 m ü. NN. 

Gottesgab im Winter
Gottesgab im Winter

Gottesgab war die höchstgelegene böhmische Stadt und erhielt seinen Namen durch die Silberfunde im 16. Jh. 1850 hatte Stadt mit 1456 Einwohnern ihren Höhepunkt erreicht. Der Bergbau wurde jedoch eingestellt und von nun an ging es bergab. Der große Teil der Männer suchten als Hausierer oder reisende Musikanten in der Fremde einen neuen Erwerb. Auch die harten Winter machten der Stadt zu schaffen.

"Die Gegend ist häufig in Nebel gehüllt, heitere Tage sind fast nur im Hochsommer und Anfangs des Herbstes; der Schnee kommt gewöhnlich im Oktober und liegt nicht selten bis Hälfte Juni. Die Gegend wird daher scherzweise das Böhmische Sibirien genannt" (4).  Gottesgab hatte keine eigene Poststation, deshalb fuhr unsere Kutsche weiter nach Joachimsthal.

Über Joachimsthal und Schlackenwerth nach Carlsbad

Burgruine Freudenstein um 1845 Quelle Wikipedia
Burgruine Freudenstein um 1845 Quelle Wikipedia

Von Gottesgab bis Joachimsthal sind es nur 6,5 km, aber es galt 400 m Höhenunterschied zu überwinden. In der Stadt tauchte rechts von der Chaussee der Freudenstein auf mit der verfallenen Burg der Grafen Schlick. Sie prägten im 16. Jahrhundert den Joachimsthaler aus Silber. Er war der Ur-Thaler nach dem alle weiteren Thaler und somit auch der Dollar benannt wurden. Die Zeit des Silberbergbaus waren jedoch schon lange vorbei. Die Burg der Schlicks war seit dem 30-jährigen Krieg nicht mehr bewohnt und die Stadt Joachimsthal dürfte 1850 einen Tiefpunkt der Geschichte erreicht haben. Davon zeugt auch, dass es nur ein Wirtshaus im Zentrum von Joachimsthal gab, den "Gasthof zur Stadt Dresden". Dieser wurde jedoch auch von Karlsbader Kurgästen sehr gepriesen: "...der vortreffliche Aufnahme und Unterkunft bietet. Man speist daselbst ausgezeichnet gut. Zu jeder Zeit, auch ohne Vorausbestellung, eine gut besetzte Tafel, echte gute Weine, Kaffee und Erfrischungen aller Art, sowie schnelle und solide Bedienung" (5). Dafür hatten unsere Reisenden natürlich keine Zeit.

Unsere Postkutsche erreichte nach 3 Stunden und 15 Minuten Fahrt über den Erzgebirgskamm kurz vor 9 Uhr die Poststation von Joachimsthal. Zeit um sich die Füße zu vertreten, bevor es weiter nach Schlackenwerth ging.

Schloß und Garten in Schlackenwerth zu besseren Zeiten um 1640
Schloß und Garten in Schlackenwerth zu besseren Zeiten um 1640

Beim Verlassen der Stadt führte die Chaussee an zahlreiche wasserbetriebenen Industriebauten entlang z.B. eine Brettsäge, eine Ölmühle, 2 Drahtmühlen, 5 Getreidemühlen und zwei Papiermühlen. Durch das enge, von zwei Bergketten flankierte Weseritz-Tal erreicht die Kutsche das Dorf Ober-Brand. Danach kommt schon Schlackenwert. Nach anderthalb Stunden Fahrt wird die Poststation erreicht. 

Die Stadt Schlackenwerth bot damals wenig Sehenswertes. Von einstiger Grüße und Pracht zeugte nur noch der riesige Garten der Residenz des Fürsten Julius Heinrich Herzog von Sachsen von dem im 17. Jahrhundert ein Arzt und Reisender berichtete: "ein Garten, den das kunstsinnige Alterthum … für das achte Wunder der Welt würde angesehen haben; denn ich und die Grafen, meine Begleiter, hatten hier durch länger als 3 Stunden mehr zu bewundern als anzuschauen, obgleich wir zu Pferde bei mäßigem Schritte keim den dritten Teil davon anschauen und bewundern konnten" (5). Davon waren 1850 nur noch wenige Überreste der Wasserkünste vorhanden. Nur in den noch vorhandenen Baumalleen findet der Besucher Genuss und Stoff zur Betrachtung.


Von Schlackenwerth bis Karlsbad sind es nur noch 1 Stunde 20 min Fahrt auf der neuen Chaussee. Auf diesem Abschnitt begann der Ausbau und es gab viel Lob: "Die seit dem Jahre 1827 dahinführende Chaussee, deren weiterer Verlauf in jüngster Zeit über Joachimsthal und das Erzgebirge nach Annaberg, Chemnitz, Leipzig etc. den Verkehr mit Sachsen wesentlich erleichtert und emporgehoben, macht, da sie unstreitig zu den besten und vollkommensten Straßen von ganz Böhmen gehört, diese Fahrt zur Angenehmsten" (5). Die Abbildung zeigt die Chaussee kurz nach der Fertigstellung und einen Blick auf Karlsbad im Tal der Tepl, einem Seitenarm der Eger, gelegen.

Ankunft in Carlsbad auf der neuen Chaussee Quelle: Österreichische Nationalbibliothek
Ankunft in Carlsbad auf der neuen Chaussee Quelle: Österreichische Nationalbibliothek

Ankunft in Karlsbad

Unsere Kutsche fährt nun die Gießhübler Straße hinunter in die Innenstadt. Auf direktem Weg ging es über den Elisabethquai, die Eger Straße, Kaiser Straße, Kreuzgasse und die Mühlbrunnstraße zum Marktplatz, auf dem sich die Poststation von Karlsbad befand. Die folgende Karte zeigt den Verlauf.

Ausschnitt aus einem Karlsbader Stadtplan um 1900
Ausschnitt aus einem Karlsbader Stadtplan um 1900
Der Karlsbader Marktplatz im Jahre 1850 Quelle: Wikipedia
Der Karlsbader Marktplatz im Jahre 1850 Quelle: Wikipedia

Karlsbad war zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine wachsende und florierende Stadt. Die Zahl der Einwohner und der Kurgäste wuchs von Jahr zu Jahr. Auch 1850 gab es wieder einen neuen Gästerekord. Ein Grund für diesen Ansturm war der Bau der ersten Eisenbahnlinien, z.B. Nürnberg-Hof und Prag-Hof. Von Karlsbad wurden neue Postkutschlinien eingerichtet um Kurgäste von diesen Bahnlinien abzuholen. Das Reisen wurde dadurch immer bequemer. 

"Die Vermehrung der Fahrten auf allen in Karlsbad mündenden Poststraßen hatte zur Folge, dass ein großer Teil der Badebesucher sich dieses Verkehrsmittels bediente. Die Zahl der ankommenden und abgehenden Wagen war eine sehr große, namentlich in den Sommermonaten. So kamen in der Zeit vom 1. Mai bis Ende Juli 1849 in Karlsbad 1324 Postwagen verschiedenster Art an, während in der gleichen Zeit 1608 abgegangen sind; mithin kamen rund 30 Wagen täglich zur Übernahme und Abfertigung (7)".

Dementsprechend turbulent ging es auf den bekannten Straßen Karlsbads zu, was wohl nicht immer problemlos ablief, wie folgende frühe Verkehrsregeln bezeugen. "Verboten ist das schnelle Fahren und Reiten in der Stadt auf stark besuchten Straßen, insbesondere um Gassenecken."  Dass das kein Kavaliersdelikt war zeigt das Strafmaß für Raser "… wird unter Umständen mit Arrest von 3 Tagen, bis zu 3 Monaten bestraft (6)" .

Falls unser Kutscher vorschriftsmäßig gefahren ist, kam die Postkutsche kurz vor Mittag auf dem Markplatz vor der Poststation gegenüber vom damaligen Rathaus an.

Das Posthaus auf dem Markt von Karlsbad Quelle (7)
Das Posthaus auf dem Markt von Karlsbad Quelle (7)

Das damalige Posthaus auf dem Marktplatz wurde 1759 nach einem Stadtbrand neu errichtet. Als Carl Friedrich August Wagner, Kunstgärtner aus Leipzig, am 8. August 1850 mit unserer Kutsche hier eintraf, dürfte vor dem Haus ein ziemlicher Trubel geherrscht haben. Schon Jahre zuvor wurde über Mängel der Postanstalt in Karlsbad geklagt: "Der Raum, welcher für die Fahrpostexpedition bestimmt ist, genüge selbst bei einer schwächeren Frequenz nicht, um so weniger dann, wenn von verschiedenen Poststraßen zahlreiche Fahrgäste fast zu gleicher Zeit ankommen und zum Teile wieder weiter befördert werden sollen. Der Eintritt aller Reisenden in das dazu bestimmte Lokale sei um so weniger möglich, da im selben nicht einmal das Gepäck zur Sichtung untergebracht werden könne, somit größten Teils auf der Straße herumliege und den Verkehr hemme". Das Erdgeschoss, von dem hier die Rede ist war also viel zu eng für die Abfertigung der Kurgäste. Im der oberen Etage des Hauses wohnte der Postinspektor Wilhelm Langer, der jedoch ein Augenleiden hatte und deshalb immer wieder monatelang ausfiel. So auch im Sommer 1850, als ihn Anton Schreiber, ein Beamter der allgemeinen Verwaltung, ihn vertreten musste. Dieser bewohnte dann in einigen abgetretenen Zimmern des Postinspektors, während im 1. Stock zahlreiche weitere Beamte und sonstiges Personal wohnte. 

Nachdem das Gepäck der Fahrgäste von den drei angestellten Packknechten abgeladen war, machte sich unser Leipziger Gärtner mit seinen sieben Sachen auf den Weg um sich ein Quartier zu suchen.

Erste Eindrücke

Mühl- Neu- und Theresienbrunnen um 1825
Mühl- Neu- und Theresienbrunnen um 1825

Somit begab sich unser Neuankömmling mit seinem Gepäck beladen vom Marktplatz auf die Promenade. Der Anblick der sich ihm bot war sicher überwältigend, hatte aber mit dem heutigen Erscheinungsbild von Karlsbad nicht viel gemeinsam. In der Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte die Stadt einen wesentlichen Aufschwung und es setzte ein Bauboom, der nach 1850 Karlsbad zu einer Blütezeit als Kurort von Weltruf verhalf. Die Abbildung zeigt jedoch die Bauten vor dieser Zeit. Die bekannte Mühlenkolonnade gab es noch nicht. Sie wird später fünf Brunnen vereinigen. Um 1850 waren die Gebäude vom Mühlbrunn, Theresienbrunnen und die kleinere Kolonnade des Neubrunnens zu sehen. Auch die Sprudelkolonnade  gab es schon, allerdings war es ein Vorgängerhaus aus dem Jahre 1826.

Trinkglas um 1850
Trinkglas um 1850

Natürlich gab es auf der Promenade viele Kurgäste zu sehen, die aus kleinen Gläsern das Wasser der Mineralquellen tranken. Seit den 1840er Jahren gab es dazu geschliffene Trinkgläser mit Karlsbader Motiven aus böhmischen Glas. Sie waren beliebte Souvenirs. Die Schnabeltassen aus Porzellan kamen erst später auf. Was es um 1850 allerdings schon gab, waren die Karlsbader Oblaten. Damals noch in der Ur-Form mit nur einer Oblatenseite, die mit Zucker bestreut war. Spätestens beim Anblick dieser köstlichen Spezialität wurde wohl unser Leipziger an das Thema Geldtausch erinnert. Darum sollte er sich noch vor der Wohnungssuche als nächstes kümmern.

 

Österreichisches Geld

Münzen und eine Banknote um 1850
Münzen und eine Banknote um 1850

In Karlsbad kursierten damals viele österreichische Münzen und Banknoten aber auch Gold und Sächsisches sowie Preußisches Geld, welches jederzeit bei den Geldwechslern umgetauscht werden konnte.

"Das in Carlsbad übliche Geld ist die in ganz Oesterreich eingeführte Conventionsmünze nach dem Zwanzigguldenfuße, der Gulden zu 60 Kreuzern oder 20 Groschen gerechnet. Die Goldmünzen bestehen aus ganzen und halben Souveraisd'or und aus Kaiserlichen und Kremnitzer Dukaten; die Silbermünzen aus Speciesthalern und Guldenstücken; die Conventionsmünzkreuzer sind aus Kupfer geprägt. Das Papiergeld besteht aus Einlösungsscheinen zu 1000, 100, 50, 10, 5, 2 und 1 Gulden" (8)

Das Ganze war wohl sehr kompliziert. Dazu kamen noch das sogenannte "Scheingeld" oder "Wiener Währung". Bei Preisangaben wurde der Gulden mit "fl" abgekürzt, was Florin bedeutete, die französische Bezeichnung des Gulden. Nachdem unser Kunstgärtner aus Leipzig einen Teil seiner Sächsischen Taler bei einem Kurs von 1 zu 2 in Österreichische Gulden  umgetauscht hatte, konnte es endlich mit der Suche nach einer Unterkunft weitergehen.

Die Wohnungssuche

Alte und Neue Wiese um 1830
Alte und Neue Wiese um 1830

Unser Kunstgärtner aus Leipzig hatte bisher nur die erste Hälfte der Stadt kennen gelernt. Ging er nun vom Marktplatz weiter am rechten Ufer der Tepl entlang, begann die Alte Wiese, eine noble Wohngegend für die Oberklasse der Kurgäste. Hier stiegen die Mitglieder des Hochadels, Angehörige der k. k. Monarchie oder Industrielle aus ganz Europa und Nordamerika ab. Sie wohnten in Gasthäusern wie "Zu den zwei Storchen", "Die schöne Königin", "Königin von England" oder "Zu den drei rothen Rosen" auf der Wiese. In diesem Kreisen spielte Geld keine Rolle und natürlich hatten sich die Sekretäre schon Monate vor der Anreise um die Mietung der Unterkunft gekümmert. Man bezog eine Herrschaftswohnung aus 4-10 Zimmern nebst Küche oder gleich eine ganze Etage. Angereist wurde in Familie oder als kleine Gruppe mit zahlreichen Bediensteten in der eigenen Equipage. Das hatte natürlich seinen Preis, der sich in der Hauptsaison, im Juni und Juli, nochmal verdoppelte. 

Blick auf den Sächsischen und Böhmischen Saal um 1830
Blick auf den Sächsischen und Böhmischen Saal um 1830

Am Ende der Alten Wiese, nach einer Abbiegung der Tepl befand sich der Sächsische Saal, der vom sächsischen Kurfürsten Friedrich August finanziert wurde und ebenfalls Unterkunft bot. Im rechten Winkel dazu Stand der Böhmische Saal, der zur Unterhaltung diente und zur Bewirtung das Haus "Zum Gottesauge". Die drei Gebäude gehörten 1850 schon der Familie Pupp, die später an diesem Platz ihr berühmtes Hotel Pupp bauten. 

Damit war der Ortsausgang erreicht und es wurde es für unseren Leipziger Kurgast Zeit umzukehren und auf der anderen Seite des Flusses zurück zu gehen. Hier war die Neue Wiese mit ebenso unerschwinglichen Privatunterkünften. Einen Abstecher in die Marienbader Straße könnte er sich sparen. Hier wohnten die russischen Gäste aus dem Umfeld des Zarenhofes im "Kaiserin von Russland" oder "Stadt Moskau". Auch die k.k. Offiziere hatten dort ein Domizil.

Die Egerstraße um 1830
Die Egerstraße um 1830

Also zurück zum Zentrum mit dem Markt, dem Schlossplatz und zahlreichen Seitenstraßen. Hier logierte die mittlere Schicht der Kurgäste. Dazu gehörten Beamte, Professoren, Kaufleute, Ritterguts- oder Fabrikbesitzer. Auch sie reisten in Familie an, bzw. schickten ihre Gattinnen nebst Töchtern zum Kuren. Sie bewohnten auch 2-4 Zimmer die es für 8, 25 oder 30 Gulden pro Woche gab. Ein Beamter verdiente damals 400-1200 Gulden im Jahr. Damit konnte er keine großen Sprünge machen. Ein Fabrikbesitzer hatte es da besser, aber keine Zeit für einen Kuraufenthalt von 3-5 Wochen. Was der Kunstgärtner aus Leipzig verdiente, kann man nur schätzen, lag aber wohl unter den Kurgästen dieser Mittelschicht. 

Dazu kam, dass er als Einzelreisender nicht reserviert hatte. Ihm genügte ein Einzelzimmer in einem Einkehrhaus, das er in der Egerstraße, gegenüber dem Stadtpark, fand. Es hieß "Morgenstern".

Formalitäten und erste Ausgaben

Ein Einzelzimmer kostete 1 oder 2 Gulden pro Woche und somit recht preiswert. Dabei war der Morgenstern ganz sicher keine "Absteige" wie die Anzeige im "Wochenblatt für Karlsbad und die Umgegend" beweist. 

Bei der Ankunft in einer Unterkunft waren noch einige Formalitäten zu erledigen. Als Erstes müsste der Reisepass beim Wirt abgegeben werden, den bekam man erst bei der Anreise zurück. Dann musste man sich in ein Fremdenbuch eintragen. Die Angaben zum Vaterland, Stand, Ankunftstag und der Unterkunft in Karlsbad dienten zum Eintrag in die Karlsbader Kurliste (1), die für jedes Jahr vom Verlag der Gebr. Franieck herausgegeben wurde. Das kostete natürlich Geld, 12 Kreuzer mussten dem Gastwirt für einen Eintrag gegeben werden. Auch unser Leipziger Kunstgärtner steht unter der Nummer 3872 in der Liste. 

Interessant ist auch der Chemnitzer Postmeister unter der Nr. 3881, der mit Gattin und Tochter am gleichen Tag seine Kur begann. Saßen sie zusammen in der gleichen Postkutsche, wie unser Leipziger? Adolph Schlegel war nicht der Hauptpostmeister von Chemnitz, sondern in der Posthalterei am damaligen Roßmarkt, einer Außenstelle mit nur einem Posthaltereischreiber und einem Wagenmeister als Untergebene. Somit dürfte er auf der unteren Einkommensstufe der Beamten gestanden haben und höchstwahrscheinlich mit der Postkutsche angereist sein.

Auszug aus der Kurliste von 1850 (1)
Auszug aus der Kurliste von 1850 (1)

Ebenso war die Kurtaxe ist bei der Ankunft beim Gastwirt zu zahlen: "Jeder Fremde, welcher sich während der Saison länger als 5 Tage in Karlsbad aufhält, hat eine Kurtaxe zu entrichten. Diese beträgt für Standespersonen 4 fl. C.M. (4 Gulden in Conventionsmünze), und zwar für jedes zur Familie gehörende Glied; jedoch wird für jedes Kind, welches bereits über 15 Jahre alt ist, bloss 2 fl. C.M. bezahlt. Beamte niederer Klasse, ärmere Gewerbs-, Kleinhandelsleute und Personen vom Bauernstande zahlen Kurtaxe von 2 fl. C.M. und deren Kinder 1 fl. C.M. Befreit ist die Dienerschaft, Kinder unter 15 Jahren und Arme, die ein beglaubigtes Armutszeugnis vorweisen können." (6)

Eine Ausgebe blieb unserem Einzelreisenden wohl erspart: "Vielen Kurgästen, besonders grösseren Parteien, wird am ersten oder zweiten Tag nach ihrer Ankunft ein Abend- oder Morgenständchen gebracht, welche Aufmerksamkeit nach Belieben 2 bis 5 fl. C.M. belohnt wird" (6).

Somit konnte sie Herr Wagner zum Abschluss seines ersten Tages in Karlsbad noch ein ausgiebiges Abendessen und dazu einen Krug böhmisches Bier im "Morgenstern" leisten - für geschätzte 30 Kreuzer.

Die Kur beginnt

Ansicht des Sprudels und der neuen Hygea-Quelle  um 1825
Ansicht des Sprudels und der neuen Hygea-Quelle um 1825

Nachdem alle Formalitäten geregelt waren konnte der eigentliche Zweck für den Karlsbad Besuch in Angriff genommen werden. Also begab sich unser Leipziger am nächsten Morgen zur imposantesten und ältesten Quelle, dem Sprudel. Vom "Morgenstern" ging es auf der Kaiserstraße am Neubad vorbei, über die Kreuzgasse zur Sprudelgasse, wo die Kurgäste vom Dampf der heißen Quellen empfangen werden. Das Wasser dieser Quelle steigt seit 1826 im Gebäude der ersten Sprudelkolonnade in kurzen, brausenden Stößen durch eine 2 Klafter langen Röhre nach oben in die Halle. Die Quelle ist die wärmste Deutschlands und das Wasser ist klar, farblos ohne einen besonderen Geschmack, höchstens den einer Hühnersuppe ähnelnd. Im unteren Sprudelraum kann das Wasser dann aus Bechern getrunken werden. Darüber hinaus gibt es eine Sprudelsalz-Erzeugungsanstalt und das Sprudelbadehaus, das gegenüber der Sprudelkolonnade liegt. Im Erdgeschoss befand sich ein Ruhezimmer und acht Badezimmer und im oberen Stockwerk weitere 10 Baderäume. Alle Bäder wurden vom Sprudel gespeist, wobei das 72 °C heiße Wasser abgekühlt werden musste. Diese ersten Gebäude wurden in den Jahren 1878-1879 an gleicher Stelle durch eine neue, gusseiserne  Sprudelkolonnade im Stil der Neurenaissance ersetzt.

Der Sprudel in der ersten Kolonnade um 1850
Der Sprudel in der ersten Kolonnade um 1850

Um 1850 befand sich der Sprudel in einem Raum innerhalb der Kolonnade bestehend aus Säulen, die auf der Flussseite mit hohen Glasfenstern versehen waren. Hier konnten die Kurgäste auch bei Regenwetter ihre Trinkkur jederzeit durchführen. Wie heutzutage auch, musste auch damals ein Kurarzt aufgesucht werden, der unerfahrene Kurwillige beriet, welche Quellen für sie am geeignetsten sind. Auch die Fragen nach der Menge des Wassers und den Zeiten der Einnahme wurden beantwortet. Nicht Jeder vertrug gleich zu Beginn der Kur einen ganzen Becher Wasser, manche mussten mit wenigen Schlucken beginnen. Morgens zwischen 5 und 9 Uhr sowie Abends eine Stunde vor Tisch wurde als beste Zeit empfohlen. Begonnen wurde mit 1-2 Bechern kühlem Wasser pro Tag, später 6-8 Becher maximal mit zunehmender Temperatur.

Auch auf eine kurgerechte Ernährung kam es an. Vermeiden sollte man schwer verdauliche, fette stark gewürzte, saure und blähende Speisen, ebenso Hülsenfrüchte, Käse, Butterteig, Hefeteig, Salate, frisches Obst! Empfohlen wurden leicht verdauliche Fleischspeisen von weichen Rind-, Kalb-, Lamm- und Schöpsenfleisch. Auch Fisch war zu empfehlen. Hitzige Getränke, womit sicher hochprozentige Schnäpse gemeint waren, sollte man ganz vermeiden. Bier nur nach ärztlicher Absprache.

Zum Nachtmahl genügt Suppe, ein wenig Kompott oder ein weiches Ei mit einer Semmel. Tee ist erlaubt, aber er sollte nicht zu stark sein, damit die Nerven nicht aufgeregt werde.

Das Karlsbader Publikum um 1850

Bei seinem Kuraufenthalt traf unser Kunstgärtner natürlich auch andere Gäste aus aller Welt. Wie waren die so?

"Die verschiedenartigen Elemente des Brunnenpublikums berücksichtigend, aus welchen selbes zusammengesetzt ist, kann man wohl sagen, dass Karlsbad im Sommer in geselliger Beziehung eine Miniaturausgabe des Erdballs sei. Der während der Saison herrschende Ton ist ein ziemlich ungenierter und ungezwungener, denn nichts vermag die Menschen, wie verschiedenartig auch ihre Stellung sei, so leicht zur gegenseitigen Mitteilung bringen, als gemeinsames Leiden. Man legt hier daher weder auf die Toilette eine allzu große Sorgfalt, noch auf Etiquette und ceremoniose Manieren ein besonderes Gewicht. Man kann hier ohne viele Umstände fast Jedermann ansprechen, ohne dass man zu befürchten hätte, eine ungalante Erwiderung zu erfahren, oder nicht angehört zu werden." (6)

Die nun folgende Galerie zeigt einige der Kurgäste, die zur gleichen Zeit, wie unser Leipziger in Karlsbad weilten.

Von links beginnend: James Cunninghame Grant-Duff aus Schottland war 61 Jahre alt, als er 1850 mit seiner Frau Jane Catharine Ainslie und seinem Sohn und Tochter zur Kur in Karlsbad war. Als britischer Soldat und Historiker war er fünf Jahre in Bombay in britisch Indien tätig. Danach zwang ihn seine angeschlagene Gesundheit zurück nach Schottland und im Sommer 1850 nach Karlsbad. Dort wohnte die Familie "Zum König von England" am Schlossplatze.

Die Dame rechts daneben ist Auguste Fehringer-Wittun, sie war eine bekannte Opernsängerin. Sie trat schon mit 14 Jahren in einem Konzertsaal in Berlin auf, später in Stettin und Hamburg. Verheiratet war sie mit dem Schauspieler August Fehringer bis 1848. Als sie 1850 zur Kur in Karlsbad eintraf war sie geschieden und hatte zuvor ein neues Engagement an der Prager Oper angenommen. Sie logierte "Zum goldenen Schwan" in der Kreuzgasse. 

In der Mitte sieht man Paul III. Anton, Fürst Esterházy de Galantha, einen ungarischer Adligen und Geheimrat im Dienste Österreichs. Auch ihn konnte man im Sommer 1850 in Karlsbad begegnen. Der Fürst mit dem berühmten Name wohnte "Zum weissen Löwen" am Markte.

Es folgt eine weitere Dame ihre Excelenz Frau Louise Gräfin Rüdiger, geborene Baronesse Louise von Firks, russische General-Adjutantens-Gemahlin. Sie wurde einst mit 25 Jahren zum Hoffräulein der Kaiserin von Russland Alexandra Fjodorowna, Gattin des Zaren Nicolaus, ernannt und lebte in St. Petersburg. Auf der Abbildung von 1850 war sie 39 Jahre alt. Sie wohnte zur Kur "Zum weissen Hasen" auf der Wiese.

Seine königliche Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Ferdinand von Österreich D'Este, kaiserlich königlicher Feldmarschall und Generalgouverneur von Galizien und Siebenbürgen , ist ganz rechts abgebildet. Er wohnte mit seinem Dienstkämmerer Graf von Klebelsberg und seinem Privatsekretär "Zur schönen Königin" auf der Wiese. Die Kur hat ihm jedoch kein längeres Leben beschert. Zwei Monate später wurde der Erzherzog von einer tödlichen Krankheit heimgesucht, die ihn nach weiteren zwei Monaten, im November 1850, dahinraffte.

Vergnügungen der Kurgäste

Auf der alten Wiese, Gemälde von Franz Skarbina 1891
Auf der alten Wiese, Gemälde von Franz Skarbina 1891

Die täglichen Pflichten der Kurgäste beschränken sich auf das Trinken von 2 - 8 Gläschen Brunnenwasser und hin und wieder einem Moor- oder Sprudelbad. Da bliebt viel freie Zeit, die es zu genießen galt. Eine Möglichkeit bieten die zahlreichen Promenaden, zum Beispiel auf der alten Wiese. Zweimal am Tag sammelte sich hier, im sogenannten Salon von Karlsbad, das Publikum. "Einmal Vormittags nach dem Brunn, um hier, was gewiss zu den größten agrements der Brunnenkultur gehört, so recht im Schatten der Kastanienbäume den in Karlsbad so herrlich mundenden, erheiternden Trank der gerösteten Mokkabohne einzuschlürfen, sich heiterer Konversation hinzugeben, oder in stiller Betrachtung den Rauch einer glühenden Havannacigarre vor sich hinzublasen, und wohl auch über das Zeitungsblatt mit schönheitslüsternen Blicken die vorbeiwandelnden Blumen aller Zonen zu bewundern. 

Das zweitemal versammelt man sich hier Abends zwischen 6 und 9 Uhr; und um diese Zeit eigentlich zeigt sich die Wiese in ihrem vollen Salonglanze. Hie und da sitzen dann teils vor den Häusern, teils unter den Bäumen, bisweilen um kostbar servierte Teetische elegante Kurgäste mit dem , unserem Kurorte eigentümlichen abandon, nicht selten in großem Putz. Andere promenieren auf und ab , die kritischen Blicke rechts und links sendend." (8)

Der Parnassfels
Der Parnassfels

Auf eine gesündere Art der Freizeitgestaltung wurde wohl jedem Gast gleich nach der Ankunft von seinem Kurarzt nahegelegt, nämlich auf die Änderung der Lebensweise während der Kur. "Körperliche Bewegung in freier Luft ist besonders bei jenen unumgänglich notwendig, deren Leiden von einer sitzenden Lebensweise herrühren. An Gelegenheit, kleinere und größere, leichtere und beschwerliche Spaziergänge zu machen, fehlt es in Carlsbad wahrlich nicht." (9) Ein sehr beliebter Spaziergang führte zum etwas außerhalb der Stadt gelegenen Posthof, so genannt, weil hier einst die Pferde untergebracht wurden. Der Ausgangspunkt war die Puppische Allee, die der Hauptversammlungsort der schönen Welt war. "An die Alle schließt sich der Kiesweg, einer der schönsten, bequemsten und besuchtesten Spazierwege, der am Tepelufer bis zur Karlsbrücke sich erstreckt. Hier erhebt sich zuerst ein, der Gräfin Rasumowska zu Ehren errichteter Sitz über einer Steingrotte. Den Weg verfolgend steigen wir nun etwas bergan und sehen hier an den Felsen mehrere Inschriften in verschiedenen Sprachen, in Versen und in Prosa: meist Danksagungen der Kurgäste für die, durch die hiesigen Quellen wieder erlangte Gesundheit. Von diesem Hügel rechts bergan, führt ein Weg nach dem Parnassfels, ein Granitblock mit einer Inschrift, vor welchem sich ein Halbkreisförmiges stilles Waldplätzchen befindet." (8)

Blick auf den Posthof
Blick auf den Posthof

"Den kleinen Hügel wieder herabsteigend , bemerken wir ein schattiges, mit Eisenbänken und einem Eisentisch möbliertes, dem Fürsten Rohan gewidmetes Plätzchen; und gleich daneben der Kaiserin-Sitz, welcher diesen Namen zum Andenken an Ihre Majestät ehemalige Kaiserin von Österreich Maria Ludovika führt. Eine Pappelallee bringt uns sofort zu einem lauschigen, der Herzogin Pauline von Hohenzollern zu Ehren errichteten Ruheplätzchen, Paulinensitz genannt. Man genießt hier einen wahrhaft pittoresken Anblick in das mit den mannigfaltigsten Baum- uns Felsgruppen geschmückte und von den rauschenden Wellen der Tepel durchzogene Tal. Am Ende des Kiesweges beginnt zur rechten die Vieruhrpromenade. Wir promenieren nun eine kleine Viertelstunde weit dar Fahrstraße entlang; zu beiden Seiten Wiesen und Felder, woran sich kreisförmig die waldbewachsenen Berge anschließen; eine herrliche Talweitung, die an lauen Sommerabenden vom Vollmonde beschienen einen wahrhaft romantischen Anblick gewährt.

Wir sind indessen am Posthofe angelangt, einem Belustigungsorte, wo bisweilen während der Kurzeit splendide Festtafeln und Bälle gegeben werden, und wo sich Nachmittags viele Caffegäste einfinden." (8) 

Die Kur geht zu Ende

Souvenirblatt von Carlsbad 1850
Souvenirblatt von Carlsbad 1850

Als im Jahre 1850 der Monat August zu Ende ging, war es auch für unseren Kunstgärtner aus Leipzig Zeit an die Rückreise zu denken. Eines war jedoch noch zu erledigen: ein Mitbringsel müsste noch gekauft werden. Seinen Trinkbecher hatte er sicher schon eingepackt, aber es gab damals schöne Souvenirblätter mit Abbildungen von Carlsbad. Fotografieren war damals noch nicht möglich und so konnte man zu Hause zeigen, wie schön es in Karlsbad war.

 


Nach seiner Rückfahrt mit der Postkutsche nach Leipzig in seinen Stadtteil Milchinsel, begab sich Herr Wagner zweifellos gleich in sein "Kiezlokal", der Restauration zur Milchinsel und hatte ganz sicher viel zu erzählen von seiner Kur in Karlsbad.

Restauration zur Milchinsel in der Marienstraße Leipzig um 1860
Restauration zur Milchinsel in der Marienstraße Leipzig um 1860

Ende der Geschichte


Quellen

(1) Liste der angekommenen und abgereisten Curgäste in Carlsbad im Jahre 1850, Verlag der Gebr. Franieck

(2) Post-Coursbuch für den Königlich Sächsischen Postbezirk, Leipzig 1852

(3) Handbuch der Geographie, Statistik und Topographie des Königreiches Sachsen 1839

(4) Das Königreich Böhmen: Bd. Elbogner Kreis, Johann Gottfried Sommer, Prag 1847

(5) Der verlässlichste Führer in Karlsbad und dessen Umgebung, Gebrüder Franieck, 1846

(6) Karlsbad, Eduard Hlawaček, Gebrüder Franieck, 1847

(7) Die Post in Karlsbad Geschichtliche Darstellung ihrer Entwicklung, Herausgeber k. und k. Hofbuchdruckerei A. Haase Prag, 1906

(8) Carlsbad und seine Umgebungen, A. C. Kronberger, 1851

(9) Carlsbad u. Umgebungen: Praktisches Handbuch für Reisende u. Rathgeber für Curgäste, B. M. Schönpflug, Berlin 1875

 

Bilder: falls nichts Anderes vermerkt, Österreichische Nationalbibliothek